Erbschaftsteuerrecht in seiner derzeitigen Ausgestaltung verfassungswidrig

2019-04-18T10:47:03+00:0031. Januar 2007|

Die durch § 19 Abs. 1 ErbStG angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs ist mit dem Grundgesetz unvereinbar.

Die Erhebung der Erbschaftsteuer mit ihren einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erbes sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, hieß es in der Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichts vom Mittwoch. Der Gesetzgeber müsse die Steuer bis spätestens 2009 neu regeln. Bis dahin gelten dem Gericht zufolge die alten Regelungen fort.

Die Karlsruher Richter klärten die grundsätzliche Frage, ob Erben von Immobilien oder Betrieben weiterhin weniger Steuern bezahlen müssen als Erben von Aktien oder Barvermögen.

Das Bundesverfassungsgericht beanstandete, dass der Wert des ererbten Vermögens unterschiedlich berechnet werde. Bei Immobilien, Betriebsvermögen und landwirtschaftlichen Flächen liege der errechnete Wert in aller Regel weit unter dem tatsächlichen Verkehrswert. In Zukunft müssen alle ererbten Vermögen nach dem Verkehrswert berechnet werden.

Die Richter hatten grundsätzlich keine Einwände dagegen, dass Betriebsvermögen oder Immobilien bei der Erbschaftsteuer privilegiert werden, wenn dies durch Ziele des Gemeinwohls gerechtfertigt ist. Ausgangspunkt müsse aber der tatsächliche, einheitlich ermittelte Verkehrswert sein. Das derzeitige starre Bewertungssystem führe bei bebauten Grundstücken dazu, dass manche Immobilien mit nur 20 Prozent, andere mit mehr als 100 Prozent ihres Verkehrswerts angesetzt würden.

Beim Betriebsvermögen monieren die Richter, dass große, ertragsstarke Betriebe sich nach den geltenden Regeln mit Hilfe von Abschreibungen und der Bildung stiller Reserven problemlos arm rechnen können. „Tendenziell wird gerade der Übergang des Betriebsvermögens von solchen Unternehmen gefördert, die der Entlastung am wenigsten bedürfen“, so das Gericht.

Damit verfehle der Gesetzgeber sein erklärtes Ziel, den Mittelstand zu entlasten. Die Begünstigung trete völlig ungleichmäßig und somit willkürlich ein. Unternehmen, die relativ jung seien oder sich in einer Krise befänden, würden schlechter gestellt. Das Gericht beanstandete zudem die Besteuerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, unbebauten Grundstücken sowie von land- und forstwirtschaftlichem Vermögen.

Das Gericht legte selbst keine Grenze bei der Begünstigung bestimmter Vermögen fest. Ob es mit der Verfassung vereinbar sei, vererbte Immobilien weiterhin so stark wie bisher von der Erbschaftsteuer zu verschonen, ließen die Verfassungsrichter ausdrücklich offen. Bislang gehen Häuser im Erbfall durchschnittlich nur mit der Hälfte ihres tatsächlichen Wertes in die Erbschaftsteuer ein.