Sind Verbraucherdarlehensvertrag und finanziertes Geschäft verbundene Verträge im Sinne des § 358 Abs. 3 BGB, darf die dem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung einem unbefangenen rechtskundigen Leser nicht den unzutreffenden Eindruck vermitteln, mit einem Widerruf könne er sich ausschließlich von den Bindungen des finanzierten Geschäfts lösen, nicht aber von den Bindungen des Darlehensvertrages. Eine „Pflichtenteilung“ der Unternehmer, nach welcher der Darlehensgeber über den Ausschluss des § 495 BGB wegen eines vorrangigen Widerrufsrechts in Bezug auf das Verbundgeschäft zu belehren habe und allein der Vertragspartner des finanzierten Geschäfts über die Erestreckungswirkung des § 358 Abs. 1 BGB, ist mit dem Schutzzweck der gemäß § 355 Abs. 2, § 358 Abs. 5 BGB zu erteilenden qualifizierten Widerrufsbelehrung nicht zu vereinbaren. (Leitsätze des BGH).
Der 11. Senat des Bundesgerichtshofes hat mit Urteil vom 23. Juni 2009 (BGH XI ZR 156/08 – OLG München, LG München I) erneut über die Ordnungsmäßigkeit einer Widerrufserklärung in einem Darlehensvertrag zu entschieden. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt streiten die Parteien über die Wirksamkeit eines Verbraucherdarlehensvertrages, den der beklagte Darlehensnehmer mit der klagenden Bank zur Finanzierung einer Immobilienfond-Beteiligung geschlossen hatte. Der beklagte Darlehensnehmer hatte sich in 2003 an einem Immobilienfonds beteiligt und zur Finanzierung seines Fondsbeitritts ebenfalls in 2003 einen Verbraucherdarlehensvertrag mit der klagenden Bank abgeschlossen. Sowohl Darlehensvertrag als auch Fondsbeitritt wurden durch denselben Vermittler vermittelt. Die dem Darlehensvertrag beigefügte und von dem Beklagten unterschriebene Widerrufsbelehrung lautete auszugsweise wie folgt:
„Ich bin darüber belehrt worden, dass ich meine auf den Abschluss dieses Verbraucherdarlehensvertrages gerichtete Willenserklärung binnen zwei Wochen widerrufen kann, sofern dieses Recht nicht nach Satz 3 ausgeschlossen ist. Widerrufe ich diesen Verbraucherdarlehensvertrag, so bin ich an auch meine auf den Abschluss des verbundenen Vertrages gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. Steht mir für den verbundenen Vertrag ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, so ist mein Recht zum Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrags ausgeschlossen. Erkläre ich dennoch den Widerruf dieses Darlehensvertrages gegenüber der Bank, so gilt dies als Widerruf des verbundenen Vertrages gegenüber dem Unternehmen.“
Im August 2007 widerrief der Beklagte den Darlehensvertrag mit der Begründung, die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft. Die klagende Bank begehrte die Feststellung der Wirksamkeit des abgeschlossenen Darlehensvertrages. Das Landgericht München I hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung vor dem Oberlandesgericht München blieb ebenso wie die Revision vor dem Bundesgerichtshof ohne Erfolg.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes konnte der Darlehensnehmer den Darlehensvertrag noch im August 2007 wirksam widerrufen. Nach § 495 BGB stand dem Darlehensnehmer ein Widerrufsrecht wegen des Verbraucherdarlehensvertrages zu. Dieses Widerrufsrecht war auch nicht gemäß § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB durch ein vorrangiges Widerrufsrecht hinsichtlich des verbundenen Geschäfts, des Fondsbeitritts, ausgeschlossen, wie etwa wegen einer Haustürsituation nach § 312 BGB.
Das Widerrufsrecht des Darlehensnehmers bezüglich des Verbraucherdarlehensvertrages bestand auch noch im Zeitpunkt der Widerrufserklärung gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB. Denn die von der klagenden Bank erteilte Widerrufsbelehrung habe den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1, § 358 Abs. 5 BGB nicht entsprochen, womit das Widerrufsrecht nicht erloschen war.
Der BGH meint, dass es nicht entscheidend sei, von wem (Darlehensgeber, Unternehmer) und in welchem Umfange im Einzelnen der Verbraucher über die Rechtsfolgen des § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB zu informieren ist und ob die Bank im konkreten Fall zu einer solchen Belehrung verpflichtet war. Da sie eine entsprechende Belehrung erteilt hat, musste diese jedenfalls ordnungsgemäß sein, um dem Schutzzweck der §§ 355, 358 BGB Rechnung zu tragen. Denn der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordere eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Dieses ergäbe sich insbesondere aus dem Deutlichkeitsgebot nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB, welcher eine Gestaltung der Belehrung verlangt, die dem Verbraucher seine Rechte deutlich macht.
Die verwendete Widerrufsbelehrung werde dem Deutlichkeitsgebot nicht gerecht. Denn nach § 358 BGB ist der Verbraucher bei der Verbindung des Verbraucherdarlehensvertrages mit einem anderen Vertrag durch den wirksamen Widerruf des einen verbundenen Vertrages auch nicht an den anderen Vertrag gebunden; hierbei kommt einem hinsichtlich des finanzierten Geschäfts bestehenden Widerrufsrecht zwar der Vorrang zu; durch dessen wirksame Ausübung wird aber auch die Bindung des Verbrauchers an den Darlehensvertrag beseitigt (§ 358 Abs. 2 Satz 2, § 358 Abs. 1 BGB). Die einem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung, die ihm seine Rechte verdeutlichen soll, dürfe daher jedenfalls kein Missverständnis dahin wecken, der Verbraucher bleibe bei einem wirksamen Widerruf des finanzierten Geschäfts entgegen § 358 Abs. 1, § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB an den Darlehensvertrag gebunden. Dieses Missverständnis legt nach Ansicht des BGH jedoch die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung nahe. Denn sie belehre den Verbraucher nicht unmissverständlich darüber, dass durch einen wirksamen Widerruf des finanzierten Vertrages (Fondsbeitritt) auch die Bindung des Verbrauchers an den Darlehensvertrag entfällt. Vielmehr erweckt die konkrete Ausgestaltung der Belehrung und das Zusammenspiel der einzelnen Sätze aus Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Verbrauchers, auf den abzustellen sei, den unzutreffenden Eindruck, er könne sich in bestimmten Fällen ausschließlich von den Bindungen des finanzierten Geschäfts, nicht aber von den Bindungen des Darlehensvertrages lösen., da sein Widerrufsrecht in Bezug auf den Darlehensvertrag wegen des nach der gesetzlichen Regelung vorrangigen Widerrufs in Bezug auf das finanzierte Geschäft ausgeschlossen ist. Zwar würde in Satz 1 der verwendeten Belehrung der Verbraucher über sein grundsätzliches Widerrufsrecht bezogen auf den Verbraucherdarlehensvertrag belehrt und für diesen Fall durch Satz 2 der Widerrufsbelehrung darüber unterrichtet, dass ein solcher Widerruf auf das finanzierte Geschäft durchgreift. Durch die ebenfalls bereits in Satz 1 der verwendeten Widerrufsbelehrung enthaltene Verweisung auf Satz 3 und zusätzlich durch Satz 3 selbst wird der Blick des Verbrauchers aber darauf gerichtet, dass ihm ein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages nicht zusteht, wenn er den finanzierten Vertrag widerrufen kann, wobei – wie dem Verbraucher durch Satz 4 der Belehrung mitgeteilt wird – ein dennoch erfolgter Widerruf gegenüber der Bank als Widerruf des verbundenen Vertrags gilt. Die in Satz 3 enthaltene Belehrung über den Ausschluss des Widerrufsrechts entspräche zwar isoliert betrachtet dem Wortlaut der gesetzlichen Vorrangregelung des § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB. Sie sei jedoch unvollständig und darüber im Kontext – insbesondere auch angesichts der in Satz 4 enthaltenen Information über eine Umdeutung eines gleichwohl gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufs in einen Widerruf des verbundenen Vertrages – irreführend. Sie lege nämlich das Verständnis nahe, es gäbe Fälle, in denen der Darlehensvertrag trotz einer gegen den finanzierten Vertrag bestehenden Widerrufsmöglichkeiten in jedem Fall wirksam bleibe.
Nach der Ausgestaltung der Widerrufsbelehrung sei keinesfalls klar, dass für den Beklagten allein die Belehrung des Satzes 1 maßgeblich bleibt, nach welcher er seine Darlehensvertragserklärung widerrufen kann. Auch sei der Beklagte mit der verwendeten Widerrufsbelehrung keinesfalls umfassend und zutreffend über die in § 358 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB getroffene Regelung unterrichtet worden. Vielmehr beschränkte sich die in § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB betreffende Widerrufsbelehrung der Klägerin darauf, den Beklagten über den Vorrang des Widerrufs des verbundenen Geschäfts und den damit verbundenen Ausschluss des aus § 495 BGB folgenden Widerrufsrecht zu informieren. Die ebenfalls in § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB geregelte Verweisung auf § 358 Abs. 1 BGB und damit die Information, dass der Verbraucher von einem wirksamen Widerruf des finanzierten Geschäfts auch an den mit diesem verbundenen Darlehensvertrag nicht mehr gebunden ist, wird in der Belehrung hingegen nicht erwähnt. Ohne einen Hinweis auf diese Erstreckungswirkung aber werde bei dem Verbraucher angesichts des weiteren Inhalts der Belehrung ein Fehlverständnis geweckt, weil insbesondere durch die zusätzliche Belehrung in Satz 4 über die Umdeutung der Widerrufserklärung nahe gelegt würde, dass selbst der gegenüber dem Darlehensgeber erklärte Widerruf des Darlehensvertrages unter Umständen ausschließlich zur Unwirksamkeit des finanzierten Vertrages führen, nicht aber die Bindung an den Darlehensvertrag beseitigen könne.
Die Gestaltung der Widerrufsbelehrung sei damit zumindest missverständlich und demgemäß geeignet, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts insgesamt abzuhalten. Denn der Darlehensnehmer könne sich auf der Grundlage einer solchen Belehrung kein klares Bild darüber verschaffen, ob er von seinem Widerrufsrechts Gebrauch machen möchte, da er nach dem Verständnis, das die Belehrung nahe legt, nur sicher sein könne, mit einem wirksamen Widerruf das finanzierte Geschäft zu Fall zu bringen, der Widerruf jedoch hinsichtlich des Vertrags, um dessen Beseitigung es ihm eigentlich gehe, aus seiner Sicht mit der Gefahr behaftet ist, ins Leere zu gehen.
Auch sei eine Pflichtenteilung der Unternehmer in dem Sinne, dass allein der Vertragspartner des Verbundgeschäfts über die Erstreckungswirkung des § 358 Abs. 1 BGB und der Darlehensgeber über den Ausschluss des § 495 zu belehren habe, nicht anzunehmen und insbesondere sei hieraus nicht auf die Wirksamkeit der erteilten Belehrung zu schließen. Eine derartige Pflichtenteilung wäre mit dem Schutzzweck aus § 355 Abs. 2, § 358 Abs. 5 BGB qualifizierten Widerrufsbelehrung nicht zu vereinbaren.